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Argentinien - Aua Füsschen - 23.02. - 08.03.2019

Aua Füsschen

Kaum hatten wir die Grenze zu Argentinien passiert, fühlten wir uns ein Stückchen zu Hause. Bereits 2010 verbrachten wir in diesem Land eine wunderschöne Zeit an die wir gerne zurückdenken. Doch nun warteten erst einmal zwei lange Fahrtage auf uns. Vor allem das Animationsprogramm im Nisto wurde gefordert. Da war es egal, ob ein ganz bestimmtes Hörspiel zum tausendsten Mal durch die Bluetooth-Box schallte. Hauptsache der Nachwuchs war glücklich.

Bevor wir endgültig unser erstes Ziel die Peninsula Valdes erreichten, machten wir noch einen Abstecher nach Balneario El Condor. Hier nisten im Südsommer tausende Felsensittiche in kilometerlangen Steilklippen. Obwohl Saisonende war, hatten wir Glück und trafen noch einige Nachzügler. Wir spazierten am Strand entlang, während die Sittiche uns entweder aus den Löchern in den Klippen oder aus der Luft beobachteten. Weiter ging es an der Küste entlang gen Süden. Eine herrliche Strecke an der es viele schöne Plätzchen zum Verweilen gab. Leider scheuchte uns der starke Wind weiter. Bis wir nach sechs Tagen endlich Puerto Madryn, die letzte größere Stadt vor der Halbinsel Valdes, erreichten. Die nächsten Tage wollten wir uns ganz der Tierwelt widmen, also hieß es Großeinkauf. Mit einer langen Einkaufsliste stürzte Sonja in den Supermarkt. Schnell wurde ihr jedoch klar, dass das in Südamerika noch immer nicht funktionierte. Hier erstellt man erst im Laden den Essensplan, denn nicht jede Woche gibt es Paprika, Schlangengurken, etc. 

Am nächsten Tag machten wir uns auf den Weg zur Peninsula Valdes. Eine 3.625 qm große Halbinsel, die für ihr reiches Tierleben, vor allem Meeres- und Küstenbewohner, bekannt ist. Zur richtigen Jahreszeit sind hier atemberaubende Walbeobachtungen direkt vom Strand aus möglich. Für dieses Spektakel waren wir jedoch gute vier Monate zu spät. Daher zog uns ein anderes Säugetier in diese Ecke Argentiniens: Der Orca. Zwar tummeln sich diese schönen Tiere das ganze Jahr über in den Gewässern, jedoch kommen sie zwischen Februar und Mai außergewöhnlich nah an den Strand. Der Grund hierfür ist eine spezielle Jagdtechnik, die sie ausschließlich vor der Halbinsel praktizieren. Von der Brandungswelle getarnt, schiessen die Orcas auf den Strand, wo sich unerfahrene, junge Seelöwen entspannen. Sie stranden sozusagen mit voller Absicht. Ein gefährliches Spiel, aber anscheinend erfolgreich, denn diese Art zu Jagen wird von Generation zu Generation weitergegeben. So machten wir uns als erstes auf den Weg ins Informationszentrum, wo man uns die Zeiten der Flut an den unterschiedlichen Küstenabschnitten aufschrieb, da Orcas nur dann jagen. Mit diesen Informationen brachen wir auf zur Küste. Leider bekamen wir an diesem Tag jedoch nur "Futter", wie Seelöwen und Pinguine, zu Gesicht. Den nächsten Tag verbrachten wir mit relaxen an der schönen Playa Villarino, bevor wir erneut unser Glück versuchten. Bereits aus der Ferne sahen wir eine Traube Menschen, die mit Ferngläsern an einem der Aussichtspunkte standen. Wir gesellten uns dazu und tatsächlich zog ein Orca seine Runden. Ein Stück weiter südlich an der Caleta Valdes trafen wir sogar auf eine Mutter mit ihren Kälbern. Es machte den Anschein, als ob diese gerade ihre erste Lektion im Schwimmen direkt am Strand bekamen. Immer wieder tauchten ihre Rückenflossen gefährlich nahe am Strand auf, so dass die Seelöwen schon etwas nervös wurden. Wir erwarteten jeden Moment einen Angriff, dieser blieb jedoch aus. Trotzdem war es ein außergewöhnliches Ereignis diesen Tieren zuschauen zu dürfen.

Eigentlich hätte so ein weiterer schöner Reisetag zu Ende gehen können. Aber es sollte nicht sein. Im Dunkeln machten wir uns auf den Weg zu unserem 94 km entfernten Schlafplatz. Während die Kinder hinten in ihren Sitzen langsam einnickten, hoppelten wir die von Wellblech geprägte Gravelroad entlang. Kurz bevor wir auf Asphalt bogen, merkte Markus, dass irgendetwas am Fahrverhalten von Nisto nicht stimmte. Auch Sonja wunderte sich über ein seltsames Schaukeln. Einmal schnell mit der Taschenlampe um Nisto gelaufen: Nichts war zu erkennen. Also weiter. Von der Asphaltstraße bogen wir erneut auf eine Schotterpiste. Beim ersten Schlagloch hörten wir ein grosses Krachen und beim Gasgeben ohrenbetäubendes Knirschen. Was war passiert? Während Markus erneut eine Kontrollrunde machte, malte sich Sonja im Wageninneren tausend Szenarien aus: Achsbruch, Chassiebruch, Getriebeschaden, ... . Es war jedoch weiterhin nichts zu erkennen, allerdings war auch an ein Vorankommen ohne ohrenbetäubenden Lärm nicht zu denken. Dann kam das zweite Schlagloch. Nisto kippte hinten links weg und Markus sah ein Rad an uns vorbei rollen. Der Anblick von Nisto, der um 22 Uhr nur noch auf drei "Füßchen" stand, war alles andere als Mut einflößend. An der Stelle, wo üblicherweise das Rad montiert war, prangten fünf abgebrochene Originalradschrauben. Schuld war die erst in Montevideo neu eingebaute Spurverbreiterung, welche sich anscheinend durch die Vibrationen ausgeschlagen und die Schrauben im ersten Schlagloch abschließend abgescherrt hatte. Der Gedanke, was alles hätte passieren können, wenn wir schneller gefahren wären, wurde aus den Gedanken verbannt. Markus sammelte das ausgebüchste Rad wieder ein und holte Wagenheber sowie Werkzeug hervor. Aber wir sollten nicht alleine bleiben, denn plötzlich näherte sich ein Wagen. Ein kleines Wunder, wenn man bedenkt, wie spät es war und wo wir "verunglückt" waren. Ohne zu zögern stiegen zwei Männer aus. Sie erkannten unsere Situation und packten sofort mit an. Zum Glück hatten auch sie einen Wagenheber dabei, denn unserem brach natürlich auch noch der Kurbelanschluss ab. Schnell war Nisto aufgebockt und nun hieß es Lösungen finden. Ersatzschrauben hatten es keine ins Gepäck geschafft, aber wenn wir uns vom anderen Hinterrad zwei borgen, könnten wir zumindest im Schritttempo mit Nisto zu unserem Schlafplätzchen weiterfahren. Die Entscheidung war gefallen und nach 1 1/2 Stunden war das ausgebüchste Rad wieder montiert. Allerdings hielten die Hinterräder jeweils nur zwei übriggebliebene Radschrauben an ihrem Platz, denn leider war Markus eine weitere ausgedreht. Im Schritttempo machten wir uns auf den Weg. Bei jeder Unebenheit, von der es auf der Schotterpiste so einige gab, hielten wir den Atem an. Würden die Schrauben halten? Nach 8 km und rd. 45 Minuten kannten wir die Antwort, denn wir hatten den Strand als Ganzes erreicht. Erschöpft kehrte bei uns um 3 Uhr morgens auch endlich Ruhe ein.

Am nächsten Morgen sah man jedoch wieder Köpfe rauchen. Uns fehlten immer noch sechs Schrauben, die es möglicherweise in Puerto Madryn geben könnte. Louis, einer unserer nächtlichen Helfer, hatte angeboten, Markus am übernächsten Tag mit in die Stadt zu nehmen, aktuell war Karneval und kein Geschäft vor übermorgen geöffnet. Da wir aber nicht genau wussten, ob es die Schrauben irgendwo auf Lager gab oder wie lang eine allfällige Bestellung dauern würde, lehnten wir dankend ab. Wir wollten versuchen mit Nisto zusammen in die Stadt zu fahren. Der nächste Tag versprach lang zu werden, denn es hieß 100 km im Schritttempo zu bewältigen. Nach vier Stunden hatten wir es auch diesmal wieder im Ganzen geschafft. Natürlich gab es keine unserer Schrauben auf Lager. Eine zweitägige Lieferzeit nahmen wir jedoch in Kauf. Was blieb uns auch anderes übrig. Wir verbrachten die Wartezeit mit Wäsche waschen, einkaufen, in Restaurants schlemmen sowie herumtollen auf dem Campingspielplatz. Dann konnten wir endlich unsere neuen Schrauben in Empfang nehmen. Schnell waren sie eingebaut und bereits einen Tag später ging unsere Reise weiter.

Distanz gefahren: 2483km
Übernachtungen im Nisto: 14 (4 Organisiert, 10 Frei)
Maximale Höhe: 286müM bei S41 38.078 W65 20.770
Minimale Höhe: 0müM
Maximale Geschwindigkeit: 105km/h