Die nächsten Tage verbrachten wir mit fahren, fahren und nochmal fahren. Unser Ziel war Dar es Saalam an der Küste. Eigentlich stand diese Stadt absolut nicht auf unserem Programm. Da uns aber das Gas zum Kochen ausgegangen war, und man uns mitteilte, dass nur dort die Flaschen aufgefüllt werden könnten, blieb uns wohl nichts anderes übrig. Uns begleiteten 3.000 m hohe saftig grüne Gebirgszüge sowie grosse Bananen-, Kaffee- und Teeanbaugebiete. Auch führte die Strasse durch den Mikumi National Park. Tatsächlich hatten wir Glück und erhaschten einen Blick auf Elefanten- und Giraffenherden sowie Büffel und einige Antilopen. Allerdings konnten wir die Fahrt nicht richtig geniessen, denn die Tansanier, vor allem die Überlandbusse, machten ihrem Namen als Kamikazefahrer alle Ehre. Sie überholten an den unübersichtlichsten Stellen, und es kam nicht selten vor, dass wir nur dank des Seitenstreifens einem Krasch aus dem Weg gehen konnten. Am Strassenrand sahen wir immer wieder demolierte Container oder auch ganze LKWs, dessen Fahrer sich eindeutig über- oder verschätzt hatten.
Als wir die Ausläufer der inoffiziellen Hauptstadt Tansanias erreichten, hätten wir am liebsten gleich umgedreht. Es stank nach Abgasen und keine Ahnung welch sonst giftigen Ausdünstungen. Ausserdem waren die Strassen mit Autos vollgestopft. Wir standen teilweise über 30 Minuten an Kreuzungen, an der ein Polizist sich grosse Mühe gab, jedoch ohne Erfolg, den chaotischen Verkehr zu regeln. So kam es, dass wir erst im Dunkeln unseren Schlafplatz an der Küste erreichten. Bereits in der Nacht begann es an zu regnen und auch der Morgen kam grau daher. Eigentlich hatten wir gehofft, hier am Strand einige Tage auszuspannen, aber wir konnten diesem Fleckchen Erde so gar keinen Charme abgewinnen. Also tuckerten wir gen Norden und fanden in der Nähe von Pangani ein ruhiges Plätzchen unter Palmen direkt am Meer und legten für die nächsten beiden Tage die Beine hoch.
Dann hiess es vorbei an den Usambara-Bergen und den Pare Mountains zum Kilimanjaro, der mit 5.892 m höchste Berg Afrikas. Leider war dort, wo er eigentlich zu sehen sein sollte eine grosse Dunstwolke. Nur knapp konnten wir die Schnee bedeckte Spitze ausfindig machen. Eine Besteigung kam für uns nicht in Frage, wir wollten nicht wie an der Kasse im Supermarkt anstehen müssen, um einen Berg zu erklimmen. Ausserdem hatten wir in Südamerika bereits „unseren“ 6.000er gemeistert, von dessen Eindrücken wir noch heute zehren.
Also machten wir uns auf den Weg in Richtung Ngorongoro-Schutzgebiet und dem Serengeti National Park. Beide Parks haben den Status als UNESCO-Weltnaturerbe, und wir hatten bereits im Vorfeld vieles gehört. Leider in der Mehrzahl schlechtes. Miserable Strassen und überhöhte Preise. Im Nachhinein können wir noch hinzufügen: Sehr schlechte Campingplätze und normale Überlandbusse, die auch hier wie Rowdys fahren. Ausserdem waren die Menschen an den Ein- und Ausgängen alles andere als freundlich. Wo waren die herzlichen Afrikaner geblieben? Obwohl uns die Landschaft und die Tiere versuchten den Park zu versüssen, ein bitterer Beigeschmack blieb. So „nutzten“ wir die Parks lediglich als Transitstrecke auf dem Weg zum Lake Victoria. Auch lernten wir hier eine neue Spezies kennen: die Tsetse-Fliege. Sie sieht aus wie eine Breme, der Stich ist aber weitaus schmerzhafter und rein zufällig überträgt sie auch noch die berüchtigte Schlafkrankheit. Teilweise hatten wir sie bei der Fahrt zu hundert auf der Motorhaube sitzen. Fotos machen war unmöglich, denn sobald man das Fenster öffnete schossen sie ins Innere. Allerdings konnten wir dann doch nicht einfach so an den Löwen vorbei fahren. Während der eine versuchte durch die kleinste Ritze des Fensters ein Foto zu machen, war der andere für die Vernichtung der nervigen Fliegen zuständig.
In Mwanza angekommen lernten wir ein englisches Pärchen kennen. Neill und Julie waren vor einem guten halben Jahr in ihrem Land Rover aufgebrochen, um, genauso wie wir, die Welt zu umrunden. Allerdings in die entgegengesetzte Richtung. Natürlich gab es viel zu erzählen und auszutauschen. Leider trennten sich unsere Wege bereits am nächsten Morgen. Sie wollten zurück nach Kenia und uns rief Uganda.
Da die Strasse um den Lake Victoria eine kleine Lücke aufweisst, mussten wir für diesen Teil die Fähre nehmen. Am Anlegesteg angekommen, besorgten wir die Tickets und stellten uns hinter die anderen wartenden Autos. Plötzlich tauchte ein Mann in einer leuchtend gelben Weste an unserem Fenster auf und sagte: „1.000 Tsh“ „Ähhhhh für was?“ „Fürs Parken!“ „Bitte, das ist jetzt nicht dein erst Junge oder? Wir parken nicht, wir stehen an, für die Fähre!“ Uns blieb wirklich die Spucke weg. Wir konnten nur noch mit dem Kopf schütteln. Noch einige Minuten verharrte er an unserem Fenster, aber von uns sah er keinen Schilling. Immerhin hatte er Glück bei den einheimischen Autos. Allerdings stellten wir uns die Frage, warum sich keiner darüber beschwerte. Rechnet man nämlich den Betrag im Verhältnis zum monatlichen Einkommen eines Tansaniars hoch, dann wären dies im Vergleich zur Schweiz CHF 50, für gerade mal 30 Minuten, denn dann kam bereits die Fähre. In uns regte sich das Gefühl, dass es „Reiche“ als eine Ehre ansehen, diese Beträge zu zahlen, um ihren Status kundzutun. Wir nicht.
Nach weiteren 15 Minuten hatten wir das andere Ufer erreicht, und es ging an der Küste des Lake Victoria entlang. Wir genossen wunderschöne Ausblicke auf den See und fanden endlich die freundlichen Afrikaner wieder. Es bestätigte einmal mehr, dass der Tourismus den Menschen nur schadet, denn an die Westküste, welche in unseren Augen deutlich schöner ist als die Ostküste, verirrt sich selten ein Urlauber. Allerdings gab es nur wenige Unterkünfte. Wir hatten in unserem GPS ein kleines Guesthouse gefunden. Nun hofften wir, dass der Parkplatz gross genug war für unseren Nisto. Das Glück war mit uns. Mit offenen Armen wurden wir empfangen. Allerdings war die Verständigung nur mit Händen und Füssen möglich, denn die Einwohner sprachen ausschliesslich Swahili. Aber das ist für die Afrikaner keine Hürde. Wir verstanden uns prächtig. Schnell sprach sich unsere Anwesenheit im Dorf herum und so bekamen wir den Rest des Tages Besuch. Alle wollten einmal einen Blick auf die Wazungus (Swahili, Mehrzahl von Mzungu = Rastloser Reisender / Weisser) sowie in den Nisto werfen und die Augen wurden gross, als wir uns Nudeln zubereiteten. Denn das kennt man abseits der grossen Supermärkte nicht.
Am nächsten Morgen hätten wir fast verschlafen, wenn Markus nicht plötzlich eingefallen wäre, dass hier nicht unsere Uhr gilt sondern die Swahili-Zeitrechnung. Also war ein Uhr, die man uns am Tag vorher nannte, denn wir versperrten natürlich die Einfahrt, nicht eine Stunde nach Mittag, sondern eine Stunde nach Sonnenaufgang. Aber wir schafften es noch rechtzeitig und machten uns auf den Weg in Richtung Uganda, erneut begleitet von atemberaubenden Ausblicken auf den See.
Was wir in Uganda so getrieben haben, dann ein anderes Mal.
Winke, winke aus Nairobi
Markus und Sonja