Tasmanien
Genau 730 Tage haben wir gebraucht, um den mit 16.840 km von unserem zu Hause am weitesten entfernten Ort zu erreichen. Pünktlich zum zweiten Geburtstag unserer Reise standen wir am Cape Hauy und schauten in nord-westliche Richtung. Die Gedanken nicht nur auf das vergangene Jahr gerichtet. Denn jetzt startet unser Nach-Hause-Weg. Wie dieser begonnen hat, nach einem kleinen technischen Rückblick.
In unseren zweiten 365 Tagen sind wir deutlich langsamer geworden. Lediglich 42'393.1 km haben wir in insgesamt 8 Ländern zurückgelegt. Dabei verbrannten wir 6‘442.988 Liter Diesel, die mit durchschnittlich 95 Rappen pro Liter zu Buche schlugen. Ausserdem gabs zwei neue Beulen, davon lediglich eine selbstverursacht, sowie drei neue Reifen. An die Stelle des vierten Sliks kam das Ersatzrad. Insgesamt mussten wir viermal Gegenstände aus unseren Reifen holen, wobei uns einmal das Werkzeug kaputt gegangen ist. In Chile und Argentinien waren die Übeltäter Steine, in Bolivien und Australien Nägel. Zwei der Plattfüsse rollen übrigens immer noch. Während des 1 ½ wöchigen Aufenthalts in der bolivianischen Werkstatt wurden Kupplung, Radlager vorne sowie Bremsbeläge und –scheiben ersetzt. Viermal haben wir unsere Federblätter schweissen lassen, bevor wir uns endlich für neue stärkere entschieden haben. Ausserdem mussten alle drei Batterien ausgetauscht werden. Daneben haben es Boliviens Strassen geschafft, die Batteriehalterung wie auch die Solarduschverankerung zum Brechen zu bringen. Beides haben wir repariert, letzteres sogar viermal. Auch der regelmässige Frost hat seine Spuren hinterlassen. Der Hahn an der Dusche ist gerissen. Nach einem erfolglosen Versuch das Malheur zu kitten, hält ein Daumen das Loch nun zu. Von zwei „Schweizer-Kreuz“-Sitzbezügen mussten wir uns schweren Herzens verabschieden, und ein Rekaboxdeckel ist lädiert, weil Sonja immer noch nicht gelernt hat, dass voll voll ist. Auch das „F“ der Laptoptastatur ist aus der Reihe getanzt, konnte aber mit gut zureden vom Bleiben überzeugt werden. Die Maustaste hängt jedoch schon seit einiger Zeit nur noch am seidenen Faden, von der Batterie sprechen wir erst gar nicht. Für rd. zwei Monate musste Sonja die Arbeit des Kühlschrankthermostats übernehmen. Schlussendlich haben wir ihn jedoch anderweitig überlistet. Der teilweise verrostete und gebrochene Gasherd ist allerdings im Hotelzimmer in Ecuador zurückgeblieben. Auch mussten wir uns von einer unserer Nikon D-100 trennen. Lange hat sie mitgemacht, aber nach rd. 33.414 Fotos (nur auf dieser Reise) hat sie ihren Ruhestand wohl verdient. Auch wenn in unserem zweiten Jahr das eine oder andere Ausrüstungsstück unseren Dienst verweigert hat, ist uns die Lust noch lange nicht vergangen. Unser Köfferchen ist wieder um einige Erlebnisse reicher und noch lange nicht am Überlaufen.
Für den Start unseres Nach-Hause-Weges kündigte sich nach Tagen endlich mal wieder Sonne an. Nun musste nur noch die Entscheidung gefällt werden: Wohin? Zur Auswahl stand die Stadt Hobart oder die Natur im Tasman National Park. Wer uns kennt, wird die Antwort wissen. So verbrachten wir die nächsten drei Tage bei herrlichem Wetter mit wandern, relaxen, Sonne tanken und tauchen. Bevor wir uns endgültig, wenn auch schweren Herzens, vom Tasmanischen Süden verabschiedeten. Die dunklen Wolken wollten sich einfach nicht von dannen machen und im Norden lockte die gelbe Scheibe am Himmel.
Langsam tuckerten wir an der landschaftlich schönen Ostküste entlang gen Norden. Vorbei an langen Sandstränden ging es in den Freycinet National Park mit einer der wahrscheinlich am meisten fotografierten Bucht, der Wineglass Bay. Natürlich waren wir nicht die einzigen, die einen Blick auf diesen schneeweissen Sandstrand mit seinem türkisfarbenen Wasser werfen wollten. Wenn einem der Anblick auch die Sprache verschlägt, waren wir schon ein Bisschen froh, als wir dank einer 4WD-Strecke, den ganzen Touristenrummel hinter uns lassen konnten. So verkrochen wir uns mit all den Wallabys in den Wald auf den Klippen des National Parks und legten die Beine hoch.
In der Nacht wurden wir jedoch sehr unsanft aus dem Schlaf gerissen. In der Zwischenzeit hatten wir uns daran gewöhnt, dass Opossums um und auf unserem Nisto herumspazierten, aber dieses Geräusch war neu. Nachdem auch die letzte graue Gehirnzelle erwacht war, fiel uns die saure Milch wieder ein, die wir am Abend aus dem Kühlschrank gefischt hatten und auf einem Holzpfahl draussen stehen gelassen hatten. Mit unserer Taschenlampe leuchteten wir nach draussen und dem kleinen Übeltäter direkt ins Gesicht. Wir waren einem kleinen Quoll auf die Schliche gekommen, welcher schnell merkte, dass er erwischt wurde. Von seiner Beute liess er allerdings nicht ab. Stattdessen verbiss er sich in die Plastikflasche und lief rückwärts in Richtung Wald. Jetzt war definitiv Zeit zum Aufstehen. Mit der Kamera in der Hand sah man Markus um 4 Uhr morgens dem kleinen Dieb hinterherrennen. An Schlaf war danach natürlich nicht mehr zu denken, denn es schien sich im Wald herumgesprochen zu haben, dass es beim N-Team etwas zu Schlecken gab.
Mit einer Ausnahme, dem Douglas Aspley National Park ein Stück im Landesinneren, wo wir uns eine Abkühlung in einem glasklaren Wasserloch gönnten, verbrachten wir die nächste Woche damit langsam an der Küste entlang zu fahren. Wo es uns gefiel, blieben wir einfach stehen. Manchmal sprangen wir mit unserer Taucherausrüstung ins kühle Nass, auf der Suche nach einem weedy Seadragon, welche jedoch erfolglos blieb, oder wir genossen einfach den Blick auf das türkisfarbene Meer und die Sonne, die uns doch endlich auch mal für eine längere Zeit gut gesonnen war.
Aber wenn es uns hier auch noch so gut gefiel, wir mussten uns irgendwann mit der Rückkehr auf die Nordinsel beschäftigen. Uns wurde jedoch heiss und kalt, als die Internetseite der Fähre mitteilte, dass das Schiff bis Mitte April für Wagen über 2.10 m ausgebucht war. Für Wagen kleiner 2.10 m gab es erst am 29.03. auf der Nachtfähre wieder freie Plätze. Eine Woche nach unserem eigentlichen Wunschdatum. Obwohl wir mit über 2.60 m nicht hineinpassen würden, buchten wir den frühest möglichen Termin. Nun mussten wir nur noch ausklügeln, wie das Eckige ins Runde passt, was ja aber auch noch Zeit hatte.
Nachdem es an der Westküste mit dem Off-Road fahren nicht geklappt hatte, sollte es im Mount William National Park im Nordosten endlich wieder soweit sein. Wenn auch nur eine kurze Strecke, die unser Vorgänger als „Piece of cake. Mud cake though!“ benannt hatte, wird man grosszügig mit einem einsamen traumhaften Strand belohnt. Für uns eines der schönsten Plätzchen Tasmaniens. Aber nicht nur hierfür sind wir in diesen selten besuchten Park gekommen. Hier leben die grössten Beuteltiere Tasmaniens, Forester Känguruhs. Und tatsächlich mussten wir nicht lange warten. Bereits nach der zweiten Biegung, tauchten einige Köpfe hinter Büschen auf und beobachteten unser Treiben. So wanderten erneut diverse Känguruhs auf die Speicherkarte.
Nach diesen wunderschönen Sonnentagen meinte der Wettergott mal wieder sintflutartige Regenfälle einschieben zu müssen. So verschanzten wir uns an die Nordküste, nutzten die Zeit mit Löchern stopfen und Knöpfe annähen, am Nisto werkeln oder Berichte schreiben. Bis sich am dritten Tag wieder die Sonne zeigte, um uns den Abschied von Tasmanien nicht leicht zu machen. Noch einmal steuerten wir ins Landesinnere, ins Seengebiet, bevor wir mit einem Abstecher in eine Cheese- und eine Choclate-Factory, in denen wir uns den Magen vollschlugen, dem Narawntapu National Park einen Besuch abstatteten. Uns wurde gesagt, dass es hier die beste Möglichkeit gibt, einheimische Tiere zu beobachten. So war es dann auch. Kurz nach dem Sonnenaufgang, noch vor dem Frühstück, machten wir uns auf die Socken. Länger als zwei Stunden würde unsere Entdeckungstour ja nicht gehen. Falsch gedacht. Insgesamt vier Stunden später und zig Begegnungen flüchtender Pademelons, über 20 Wombats und mehreren Forester-Känguruhs, die uns seltsam anschauten, wenn wir von Grasbüschel zu Grasbüschel sprangen, denn die Wiese stand zum grössten Teil unter Wasser, kamen wir mit einem knurrenden Magen und einem breiten Grinsen auf dem Gesicht wieder beim Nisto an. Aber das sollte es noch nicht gewesen sein. Einen Höhepunkt hatten wir uns noch bis zum Schluss aufgehoben. Nicht weit von der Hafenstadt Devenport entfernt, kann man nach der Dämmerung Zwergpinguine beobachten, wie sie von ihrer Jagt im Meer zurückkehren, um ihre Jungen zu füttern. Zwar ist die Brutsaison schon so gut wie zu Ende, trotzdem versuchten wir unser Glück und wurden belohnt. Es war ein Spass diesen kleinen Tierchen (35- 45 cm) auf ihrem Weg, über den Strand, vorbei an für sie meterhohem Treibholz und schliesslich die Böschung hinauf, zuzuschauen. Schöner hätte sich Tasmanien nicht von uns verabschieden können.
Allerdings stand noch eine grosse Aufgabe bevor: Nisto auf 2.10m schrumpfen zu lassen. Wir hatten uns einen Tag vorher noch persönlich im Büro der Fährgesellschaft erkundigt, ob es nicht doch noch einen höheren Platz für uns gibt. Dies wurde aber strikt verneint und angemerkt: Alles was höher als 2.20m ist, wird abgewiesen. So verbrachten wir an unserem Abreisetag 3 Stunden damit, Nisto cm für cm zu pressen. Bis wir eine Stunde vor Einchecken auf 2.16 m kamen (Wie wir das angestellt haben, kannst Du bei den Fotos sehen). Für die rd. 8 km zum Hafen benötigten wir dann allerdings fast noch einmal eine Stunden, denn durch die zusammengezogenen Federn, war an schneller als 30km/h nicht zu denken. So hoppelten wir, quer durch Devenport, teilweise über die Autobahn, zum Schiff, nur um dort gesagt zu bekommen, wir seien zu hoch. Jedoch hatte die gute Dame keine Minute später, Hokuspokus, einen höheren Platz aus dem Ärmel geschüttelt. Nur mit gutem Zureden konnte Sonja ein Platzen von Markus verhindern.
Wie es auf der Nordinsel weitergegangen ist, dann beim nächsten Mal.
Bis bald, hebets guet.
Markus und Sonja