Western Australia
Western Australia, der grösste Staat Australiens. Die Schweiz, Deutschland, Österreich und Neuseeland haben locker darin Platz. Trotzdem wohnen hier gerade mal rd. 1,9 Mio. Menschen, davon gut 70% in Perth. Schnell wird einem klar, verlässt man den Südwesten, wird es einsam. Genau das Richtige für uns. Allerdings bedeutete das auch, einige 100 km pro Tag auf schnurgeraden Asphaltstrassen hinter uns zu bringen. Aber dafür wurden wir reichlich belohnt.
Bei unseren ersten Zielen folgten wir dem allgemeinen Touristenstrom. Im Kalbarri National Park blickten wir von diversen Aussichtspunkten auf die zerklüftete Küste und die atemberaubenden Schluchten am Murchison River im Landesinneren. Der Francois Peron National Park setzte hinsichtlich der Farben noch eins drauf. Rote Klippen, weisse Sandstrände und türkisfarbenes Wasser soweit das Auge reicht. Und zum ersten Mal seit Monaten Wassertemperaturen, die an Schwimmen denken lassen, wäre da nicht der starke Wind gewesen. Mit rd. 20 Knoten fegte er über die Halbinsel. Eigentlich hatten wir gehofft, hier ein paar Dugongs vor die Linse zu bekommen, denn rd. 10% der gesamten Welt-Population leben hier, aber das unruhige Meer liess keine Sichtung zu.
Nach diesen Touristenmagneten war es mal wieder an der Zeit ein Bisschen Einsamkeit zu schnuppern. Dafür hatten wir uns den westlichsten Punkt auf dem Festland Australiens ausgesucht. In der Regel ist man an solchen Orten ja grundsätzlich nicht allein, aber in Australien schon, denn man kommt lediglich mit dem Geländewagen hin. Ausserdem hatten wir uns nicht für die Route auf der Karte entschieden, denn das kann ja jeder. Ein 4 WD-Magazin berichtete von einem Track, der direkt am Strand und auf den Klippen entlang führt. So hoppelten wir zunächst auf der „Hauptstrasse“ bis zu einer Abzweigung, die uns an die Küste führte. Da standen wir drei nun. Zwei bis drei Meter hohe Wellen brachen kurz vor dem Strand. Es war zwar nicht unsere erste Sandfahrt, aber wir hatten keine Ahnung von den Gezeiten und die riesigen Wellen waren schon ein Bisschen Respekt einflössend. Trotzdem liessen wir uns nicht abschrecken, senkten unseren Reifendruck auf 20 psi und ab gings über den Strand. Ein paar Kilometer weiter erreichten wir die Klippen auf denen wir unser Nachtlager aufschlugen. Vor dem Abendbrot machten wir noch einen kleinen Spaziergang in luftiger Höhe. Wir konnten unseren Augen kaum glauben, denn eigentlich war es noch zu früh, aber wir hatten uns nicht verguckt. Zwei Buckelwale tummelten sich in der Bucht direkt unterhalb der Klippen. Ein Tag könnte kaum schöner zu Ende gehen.
Auch am nächsten Tag schickten wir Nisto mal wieder zum Sändele. Zuerst hiess es ab durch die Dünen und dann auf den Strand. Diesmal wollte er aber seinen eigenen Kopf durchsetzen. So kam es, dass wir auf einmal am Strand quer standen. Nistos Mitteilung war eindeutig: Ich will weiter unten am Wasser fahren. Die Zweibeiner hielten dagegen: Sollte jetzt die Flut kommen und Du gräbst Dich dort ein, können wir nur hoffen, dass wir schneller schaufeln als das Meer kommt. Schliesslich einigten wir uns auf die Mitte und gelangten ohne weitere Vorkommnisse auf die andere Seite. Das letzte Stück legten wir wieder auf den Klippen zurück. Auf dem Rückweg nahmen wir die Strasse auf der Karte und stellten schnell fest unsere Entscheidung an der Küste entlang zu fahren war die Richtige, denn diese Strecke war eine einzige Wellblechpiste.
Jetzt sollte es aber nun endlich soweit sein. Bereits seit Anfang unserer Reise freuten wir uns auf dieses Plätzchen an der Westküste Australiens, das Ningaloo Reef. Für uns wahrscheinlich eins der kostbarsten Naturschätze des Landes. Da das Riff an einigen Stellen gerade mal 100 m von der Küste entfernt liegt, würde unsere mobile Tauchbasis endlich voll zum Einsatz kommen. Ausserdem waren wir genau zur richtigen Zeit angereist, denn die Walhai-Saison hatte bereits begonnen und auch die Buckelwale schienen schon vor der Tür zu stehen. Jetzt hiess es nur noch den richtigen Campingplatz erwischen, was jedoch nicht ganz einfach ist, denn diese sind in der Regel bereits in den frühen Morgenstunden komplett vergeben, und wir sind nun mal nicht die Frühaufsteher, die bereits um 3.30 Uhr vor den Schranken stehen.
Als erstes statteten wir dem kleinen Örtchen Coral Bay, an den südlichen Ausläufern des Riffs, einen Besuch ab. So schnell wie wir jedoch hinein kamen, so schnell wollten wir auch wieder hinaus. Campingwagen und Touristen wohin das Auge reicht. Als wir dann auch noch den Preis von AUD 380 p.P. für eine Schnorcheltour zu den Walhaien hörten, haute es uns den Nucki vollständig aus dem Mund. Hier hielten uns keine 10 Pferde und so verschanzten wir uns etwas weiter nördlich in den Dünen, um am nächsten Tag rechtzeitig zur Ebbe am Nachmittag in den Cape Range National Park einzufahren. Bei einer Anreise von Süden ist nämlich eine Flussdurchquerung nötig, die jedoch nur bei Wassertiefstand möglich ist.
Als wir jedoch am nächsten Tag bereits drei Stunden vor der Ebbe eintrafen, mussten wir uns förmlich auf die Suche nach ein Bisschen Wasser machen. Für die Frage nach dem „Warum“ war jedoch keine Zeit, denn nun musste die Frage nach einem freien Campingplatz geklärt werden. Bereits beim Ersten, den wir ansteuerten, prangte das Schild „Voll“. Wir machten uns also keine allzu grossen Hoffnungen, wurden aber eines besseren belehrt. Der Camping Host teilte uns mit, dass es noch einen einzigen freien Platz gab, welcher sogar zu den beliebtesten gehörte. Als wir jedoch dort ankamen, waren wir schon ein wenig enttäuscht. Die drei Plätze lagen zwar in einem angenehmen Abstand, aber der Strand war hinter einer riesigen Düne versteckt, welcher auch nur aus Kieselsteinen bestand. Das einzige, was unsere Stimmung hob, waren die Wellen, die sich keinen Kilometer vom Strand entfernt am Aussenriff brachen.
Im Endeffekt blieben wir eine Woche am North Mandu. Denn wie wir noch am selben Tag herausgefunden hatten, war das Riff von hier aus am einfachsten zu erreichen und die anderen Campingplätze glichen eher einer Sardinenbüchse. Die nächsten Tage verbrachten wir mit hinauspaddeln, abtauchen und zurückpaddeln. Hier wird einem wirklich nicht zu viel versprochen, die Artenvielfalt ist unglaublich. Fische und Korallen in allen möglichen Farben. Schildkröten in jeglichen Grössen schauten vorbei, verschwanden jedoch schneller als wir „knips“ machen konnten. Wir hatten wirklich das grosse Los gezogen. Bis zum Schluss konnten wir unseren Glücksgriff nicht fassen. Am vorletzten Tag zog jedoch das Wetter zu. Wir nutzten die Zeit und machten uns in der Yardie Creek Gorge auf die Suche nach den seltenen Black-footed Rock-Wallabys und hatten Erfolg. Von einem anderen Lookout sahen wir zwei Buckelwale am Aussenriff entlang ziehen. Wie von der Tarantel gestochen, sah man uns zu unserem Campingplatz zurückflitzen, unsere Schnorchelausrüstung unter den Arm klemmen, das Kajak zu Wasser lassen und lospaddeln. Leider bekamen wir die beiden nicht mehr zu Gesicht, ob wir zu langsam oder sie unter uns durch getaucht waren, wir werden es nie erfahren.
Am nächsten Tag kam neben dem Regen auch noch der Wind hinzu, der jegliches hinaus paddeln unmöglich machte. Trotzdem mussten wir es einfach versuchen, denn genau vor unserem Hausriff hatten sich „Walhaischnorchelboote“ nieder gelassen. Aber so fest wir auch gegen den Wind anpaddelten, wir kamen nicht voran. Traurig schauten wir vom Land aus zu, wie das Spektakel ohne uns stattfand.
Dann hiess es Abschied nehmen. Was uns wirklich nicht leicht viel, aber das Wetter sollte sich auch in den nächsten Tag nicht wesentlich bessern. Beim Zusammenpacken schoss uns immer wieder die Frage durch den Kopf: Sollen wir nicht vielleicht doch noch ein paar Tage ausharren. Aber unsere Entscheidung war gefallen. So reisten wir schweren Herzens weiter. Allerdings sind wir sicher, wir kehren noch einmal zurück. Die Frage ist nur wann.
Liebe Grüsse
Markus und Sonja